Stillstand ist Rückschritt
Worauf es in der Ausbildung heute ankommt
Im September 2024 ist die Neuauflage des Buches „Kompetenz Ausbildung 4.0“ von Christiani erschienen. In der Überarbeitung ist der neue AEVO-Rahmenplan 2024 in vollem Umfang berücksichtigt. Mit einer Vielzahl von neuen Inhalten und aktualisierten Konzepten ist dieses Buch ein unverzichtbares Werkzeug für alle werdenden und aktiven Ausbilder.
Der Autor von „Kompetenz Ausbildung 4.0“, Udo Herbst, ist selbst ein erfahrener Ausbilder und seit vielen Jahren als Dozent und Berater rund um das Thema Ausbildung tätig. Hier beantwortet er unsere Fragen zum Buch, zur digitalen Ausbildung und zur Rolle der Ausbilder.
Herr Herbst, Sie haben Ihr Buch „Kompetenz Ausbildung“ überarbeitet. Warum war eine Neuauflage nötig?
Vorrangiger Grund war die Novellierung der Ausbildereignungsverordnung 2024 mit ihren neuen Themenbereichen, aber auch die Ergänzung und Optimierung bereits bestehender Inhalte.
Welche Themen sind denn vor allem hinzugekommen?
Nach der Ausbildereignungsverordnung sind längst fällige Themen wie „Digitalisierung“ und „Nachhaltigkeit“ in der Ausbildung hinzugekommen. Außerdem werden neben weiteren kleineren Ergänzungen zusätzliche Themen wie „Heterogenität in der Ausbildung“ oder „Fördermöglichkeiten“ noch etwas intensiver betrachtet.
Das Thema Einsatz digitaler Medien in der Ausbildung interessiert uns besonders. Was raten Sie Ausbildern in technischen Betrieben, die vielleicht noch nicht so digital aufgestellt sind? Haben Sie einen Tipp, wie man anfangen könnte, die Ausbildung digital zu gestalten, beispielsweise um die Attraktivität der Ausbildung für junge Leute zu erhöhen?
Es ist zwingend erforderlich, auf die heutige Bewerbergeneration und ihre Ansprüche einzugehen und das bedeutet nun mal, die Digitalisierung von Ausbildungsinhalten voranzutreiben. Man kann zum Beispiel mit einer bereits vorhandenen IT-Infrastruktur eines Unternehmens arbeiten.
Es kann z.B. eine Intranetseite für die Auszubildenden erstellt werden, auf die diese mit ihren eigenen Medien (Handy, Tablet) zugreifen können. Hierbei könnte es sich um zwei separate Plattformen handeln, eine „offizielle“ für die Kommunikation mit dem Ausbilder (z.B. für Termine, allgemeine Informationen usw.) und eine Plattform ausschließlich für die Azubis (z.B. für den schulischen Austausch, Bearbeitung von gemeinsamen Projekten usw.).
Voraussetzung ist, dass der Ausbilder seine eigene Kompetenz erweitert, die alten Ausbildungsstrukturen überarbeitet und auf die junge Generation anpasst.
Denn auch in der Ausbildung gilt: Stillstand ist Rückschritt.
Ihr Buch „Kompetenz Ausbildung 4.0“ ist ja als Arbeitsmappe konzipiert. Was hat man sich darunter vorzustellen?
Grundlegend ist das Buch auf kurze, prägnante Wissensinhalte aufgebaut. Meine eigene Erfahrung aus der Dozententätigkeit zeigt immer wieder, dass weniger verklausulierte Texte besser vom Lernenden aufgenommen werden. Außerdem bietet die Arbeitsmappe Raum und Platz, um eigene Bemerkungen zu ergänzen.
Warum interessiert Sie das Thema Ausbildung so sehr? Wie sind Sie zum Experten geworden?
Mit dem Thema Ausbildung kam ich schon früh in Kontakt. Als Leiter einer 80-köpfigen Produktionsabteilung gehörte auch die Betreuung von Auszubildenden und das Anlernen von Fachkräften zu meinen Tätigkeiten. Meine gute Menschenkenntnis und der Umgang mit jungen Leuten kamen mir dabei immer zugute.
So fiel mir vor vielen Jahren die Entscheidung leicht, mich auf diesem Gebiet selbstständig zu machen und neben der Dozententätigkeit in der AEVO zusätzlich auch meine externen Dienste für ausbildende Unternehmen anzubieten. Diese reichen von der Unterstützung der Ausbildenden und Ausbilder, z.B. bei der Erstellung und Umsetzung betrieblicher Ausbildungspläne, bis hin zur individuellen Prüfungsvorbereitung vor den entsprechenden Prüfungsteilen. Dabei konzentriere ich mich im Speziellen auf Maßnahmen im gewerblich, handwerklichen Bereich, da besonders hier der Bedarf vorhanden ist.
Für viele Unternehmen ist es schwieriger geworden, geeignete Auszubildende zu finden. Welche Zusatzleistungen sind aus Ihrer Sicht geeignet, um die Attraktivität der Ausbildung zu steigern?
Dazu fallen mir folgende Punkte ein:
- Einen möglichst abwechslungsreichen Ausbildungsablauf gewährleisten
- Vermittlung zusätzlicher Qualifikationen, die nicht im Ausbildungsrahmenplan vorgegeben werden, z.B. Sprachkurse, besondere technische Schulungen usw.
- Einsatz digitaler Medien, denn damit wollen junge Leute heute arbeiten
- Auslandsaufenthalte, wenn sie sich bewerkstelligen lassen
- Bereitstellung von Mobile Devices, z.B. Smartphone, Tablet usw.
- Und natürlich zählt auch eine vernünftige Ausbildungsvergütung
Welche Qualitäten sollten Ausbilder neben der fachlichen Kompetenz vor allem haben?
Zunächst einmal sollten Ausbilder die Bereitschaft mitbringen, sich selbst weiterzuentwickeln. Sie sollten den Anspruch haben, Menschen mit Freude und Engagement etwas beibringen zu wollen. Dazu müssen sie auch wissen, wie man in Ausbildungssituationen methodisch richtig vorgeht. Neben dem Wissen und Know-how brauchen Ausbilder aber vor allem Fingerspitzengefühl beim Umgang mit den Auszubildenden.